portugiesische Sprache

portugiesische Sprache
portugiesische Sprache,
 
eine der romanischen Sprachen, die in Portugal (einschließlich der autonomen Regionen Madeira und Azoren), in den ehemaligen portugiesischen Kolonien und in Brasilien gesprochen wird; Muttersprache von rd. 140 Mio. Menschen. Amtssprache ist das Portugiesische, außer in Portugal und Brasilien, auch in Angola, Kap Verde, Guinea-Bissau, Moçambique, São Tomé und Príncipe sowie in Macao. Die portugiesische Sprache ist eng mit dem im Nordwesten der Iberischen Halbinsel gesprochenen Galicisch (galicische Sprache und Literatur) verwandt. Durch die Wiedereroberung der seit dem 8. Jahrhundert von den Arabern beherrschten Landesteile breitete sich das Galicisch-Portugiesische im 12./13. Jahrhundert nach Süden aus. Mit der Gründung des Königreiches Portugal (1139) erfolgte die politische Trennung von Galicien. Damit wurde die Entwicklung der portugiesischen Sprache eingeleitet. Zu unterscheiden sind Altportugiesisch (12. bis Mitte des 16. Jahrhunderts) und Neuportugiesisch. Die ältesten portugiesischen Schriftdenkmäler stammen vom Ende des 12. Jahrhunderts. Die Schriftsprache und maßgebende Aussprache beruhen auf der Sprache von Lissabon und Coimbra. Das Portugiesische ist entwicklungsgeschichtlich altertümlicher als das Spanische, von dem es sich erheblich unterscheidet. Der melodische und weiche Charakter der Sprache ist bedingt durch die schwach nasalierten Vokale (fünf Nasalvokale: [ ĩ ], [ẽ], [ã], [ɔ̃], [ũ]), die vielen Diphthonge (zwölf fallende Diphthonge mit [i̯] oder [u̯] als zweitem Bestandteil, die auch nasaliert auftreten; auch Triphthonge mit nasaliertem Element kommen vor), durch Klangnuancierung der oralen Vokale (alle Vokale außerhalb der Tonsilbe sind stark reduziert oder ganz verschwunden, Auslautvokale werden gehaucht), die stimmhafte Aussprache des auslautenden -s vor vokalisch anlautendem Wort als [z] (as escolas [az ɪʃ'kɔlaʃ] »die Schulen«), vor stimmhaften Konsonanten als [ʒ] (os livros [uʒ 'livruʃ] »die Bücher«) und als [ʃ] vor stimmlosen Konsonanten im Wortinnern und im Wortauslaut vor einem mit stimmlosen Konsonanten beginnenden Wort (os pais [uʃ'paiʃ] »die Eltern«). Charakteristisch für das Portugiesische ist ferner die Palatalisierung von lateinisch pl-, fl-, cl- zu ch [ʃ]. - In der Formenlehre zeigen sich konservative Züge u. a. in der Bewahrung der lateinischen Plusquamperfektformen und des lateinischen Futurum exactum, aus dem sich der für das Portugiesische charakteristische persönliche Infinitiv entwickelt hat. - Im Wortschatz bewahrt das Portugiesische viele lateinische Wörter, die im Spanischen untergegangen sind; zahlreiche Wörter wurden aus dem Spanischen, Arabischen, Französischen und Italienischen entlehnt.
 
Das brasilianische Portugiesisch weicht vom europäischen Portugiesisch erheblich ab, doch nicht so weit, dass eine Verständigung zwischen Brasilianern und Portugiesen stark behindert wäre. So bleiben u. a. im Brasilianischen die Vokale der unbetonten Silben erhalten, s bleibt meist stimmhaftes oder stimmloses s ([z] oder [s]). Bemerkenswert ist die Voranstellung des unbetonten Personalpronomens, wo es im europäischen Portugiesisch nachgestellt wird. Der Wortschatz ist mit indianischen und afrikanischen Elementen durchsetzt.
 
Die mundartlichen Unterschiede in der Aussprache des Portugiesischen sind geringer als die des Spanischen. Trotz der größeren Einheitlichkeit bieten sie jedoch für den Ausländer weit mehr Schwierigkeiten. Man spricht im Portugiesischen eher von Varietäten oder »falares« als von Dialekten. Unterschieden werden die »falares« des Minho, von Trás-os-Montes, der Beira, des Alentejo, der Estremadura, der Algarve, Madeiras und der Azoren. Die Unterschiede betreffen, abgesehen vom Wortschatz, v. a. die Vokale und Diphthonge (auch Eintritt oder Fehlen der Diphthongierung) sowie die dentalen und palatalen Reibelaute. Die nördlichsten »falares« sind am archaischsten. - Die mundartliche Gliederung Brasiliens ist noch nicht genügend erforscht; am besten bekannt sind die Mundarten des Südostens und des Nordostens, besonders die Pernambucos. Neben lautlichen Unterschieden sind hier die lexikologisch bedeutend (u. a. indianische und afrikanische Elemente).
 
Die Kultusminister der Länder, in denen Portugiesisch Amtssprache ist, unterzeichneten 1990 die »Orthographische Vereinbarung über die portugiesische Sprache«, die eine Anpassung der portugiesischen an die brasilianische Rechtschreibung vorsieht. Der Pflege der portugiesischen Sprache widmet sich u. a. die Gemeinschaft der Länder portugiesischer Sprache.
 
 
Bibliographie und Allgemeines:
 
Bibliografia filológica portuguesa, auf zahlr. Bde. ber. (Lissabon 1935 ff.);
 G. R. Lind: Weltsprache Portugiesisch, 2 Tle. (71982-89);
 C. de Azevedo Maia: História do galego-português (Coimbra 1986);
 H. Rostock: Lb. der port. Sprache (41994).
 
Wörterbücher:
 
Grande dicionário da língua portuguesa, begr. v. A. de Morais Silva, bearb. v. A. Moreno, 12 Bde. (Lissabon 101949-59);
 
Langenscheidts Taschenwb. der port. u. dt. Sprache, bearb. v. F. Irmen u. A. E. Beau, 2 Tle. (13-241995);
 
J. P. Machado: Dicionário etimológico da língua portuguesa, 5 Bde. (Lissabon 71995);
 
Dicionário da língua portuguesa, bearb. v. J. Almeida Costa u. A. Sampaio e Melo (Neuausg. Porto 71996).
 
Sprachgeschichte und Grammatik:
 
J. Huber: Altport. Elementarbuch (1933);
 
J. J. Nunes: Compêndio de gramática histórica portuguesa (Lissabon 81975);
 
B. Teyssier: Histoire de la langue portugaise (Paris 1980);
 
P. Vazquez Cuesta u. M. A. Mendes da Luz: Gramática da língua portuguesa (a. d. Span., Neuausg. São Paulo 1980);
 
M.-T. Hundertmark-Santos Martins: Port. Gramm. (1982);
 
F. V. F. Brauer u. U. Brauer: Langenscheidts prakt. Lb. Portugiesisch. Mit Berücksichtigung der brasilian. Besonderheiten. 2 Tle. (13-151994-95);
 
C. F. da Cunha u. L. F. L. Cintra: Nova gramática do português contemporâneo (Lissabon 111995).
 
Mundarten:
 
J. L. de Vasconcellos: Esquisse d'une dialectologie portugaise, hg. v. M. A. V. Cintra (Lissabon 31987).
 
Brasilianisches Portugiesisch:
 
S. da Silva Neto: A língua portuguesa no Brasil (Rio de Janeiro 1960);
 
S. da Silva Neto: Introdução ao estudo da língua portuguesa no Brasil (ebd. 51986);
 
F. Fernandes: Dicionário brasileiro contemporâneo (Pôrto Alegre 41975);
 
W. Dietrich: Bibliografia da língua portuguesa do Brasil (Tübingen 1980);
 
G. C. de Melo: A língua do Brasil (Rio de Janeiro 41981);
 
E. Engler: Lb. des brasilian. Portugiesisch (41996).

Universal-Lexikon. 2012.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Portugiesische Sprache — Portugiesische Sprache. Die p. S. (o português [für portugales = portucalensis]), zu deren Gebiet nicht bloß das heutige Königreich Portugal, sondern auch die spanische Provinz Galicien mit beinahe 2 Mill. Einw. gehört, hat sich, wie ihre… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Portugiesische Sprache — Portugiesische Sprache. Die P. S. ist eine der Romanischen Sprachen u. hat sich aus einem römischen Provinzialdialekt (Lingua Romana rustica) entwickelt. Zum Portugiesischen gehört genau genommen auch der Galicische Dialekt im nordwestlichen… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Portugiesische Sprache — Portugiesisch (português) Gesprochen in Siehe unter „Offizieller Status“, des Weiteren in Namibia, Indien, Südafrika, Spanien, Luxemburg Sprecher insgesamt ca. 240 Millionen Muttersprachler ca. 210 Mio. Zweitsprachler ca. 30 Mio. Linguist …   Deutsch Wikipedia

  • Portugiesische Sprache und Literatur — Portugiesische Sprache, Portugiesische Literatur. Das Portugiesische, eigentlich ein Dialekt des Spanischen, dem Galicischen am nächsten stehend, ist weder so volltönend wie das Castilianische noch so ausgebildet, sondern hat mehr Zisch u.… …   Herders Conversations-Lexikon

  • Portugiesische Sprache und Literatur — Portugiesische Sprache und Literatur. Das auch über Nordwestspanien, die Azoren und Südamerika (Brasilien) verbreitete Portugiesische hat sich wie seine roman. Schwestersprachen aus der röm. Volkssprache gebildet, steht an Altertümlichkeit dem… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Galicisch-Portugiesische Sprache — Entwicklung der letzten 1000 Jahre Die Galicisch Portugiesische Sprache (galego português oder galaico português im Portugiesischen bzw. galego portugués oder galaico portugués im Galicischen) war eine westiberische romanische Sprache, die im… …   Deutsch Wikipedia

  • Portugiesische Literatur — Portugiesische Literatur. Obgleich die Spanier u. Portugiesen in ihrer literarischen wie politischen Geschichte scheinbar eine große Ähnlichkeit zeigen, so ist doch der Grundcharakter der beiden Nationen ein sehr verschiedener, welcher namentlich …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Portugiesische Literatur — bezeichnet im weitesten Sinne Literatur, die auf Portugiesisch verfasst wurde. Dazu gehört im Wesentlichen die Literatur Portugals, aber auch die Brasiliens, Angolas und Mosambiks, sowie der anderen portugiesischsprachigen Länder. Die Literatur,… …   Deutsch Wikipedia

  • Portugiesische Grammatik — Portugiesisch (Português) Gesprochen in Siehe unter „Offizieller Status“, des Weiteren in Namibia, Indien, Südafrika, Spanien, Luxemburg Linguistische Klassifikation Indogermanische Sprachen Italische Sprachen …   Deutsch Wikipedia

  • Portugiesische Kolonialherrschaft — Das Wappen Portugals und seiner Überseeprovinzen an der Fassade der Banco Nacional Ultramarino in Lissabon …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”